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aktuell aus dem Rathaus

Kommunalpolitischer Rückblick auf 2023

Die ersten Nadeln fallen vom Baum, die meisten Kekse sind gegessen: Das Jahr 2023 neigt sich dem Ende zu. Zeit das Jahr Revue passieren zu lassen und Bilanz zu ziehen. Was hat Münster bewegt und konnten wir als ÖDP Entscheidungen bewirken oder zumindest positiv in die richtige Richtung verändern?

Eine umfassende Rückschau auf das politische Jahr ist aufgrund der Vielzahl der Themen nicht möglich, daher der Fokus auf unsere Herzensthemen Klimaschutz-Ökologie-Verkehrswende-Kultur und Interkulturelles Leben in Münster.

 

Messbar verändert haben wir mit einer Stimme als Partei bzw. 3 Stimmen als Fraktion im Rat vermutlich wenig. Dafür haben wir aber mit vielen Menschen geredet, die sich für gute Dinge in Münster stark machen und ihnen eine Stimme gegeben, die in der Lobby der großen Parteien kein Gehör findet.

 

Klimaschutz

 

2023 war für Deutschland und auch für Münster das wärmste Jahr seit Aufzeichnung der Wetterdaten. Münster hat den Klimanotstand ausgerufen, will bis 2030 Klimaneutral werden und möchte zukünftig gerne Klimastadt werden und als Vorbild in Sachen Klimaschutz vorrangehen. Anzunehmen also, dass dies das alles dominierende Thema der Stadtpolitik war und jede Ratssitzung voll war von Vorlagen, die den Weg der Stadt zu diesem Ziel aufweisen….Erschreckenderweise war dies so gar nicht der Fall. Stabstellenleiter Klimaschutz Thomas Möller stellte im Ausschuss für Klima und Umwelt im September klar, dass es zwar das Ziel Klimaneutralität gebe, aber bewusst keinen Plan der Stadt, wie diese erreicht werden kann. Für die Klimaneutralität müsse die gesamte Stadtgesellschaft kämpfen und so wie die Stadt in vielfältigen kleinen und großen Maßnahmen das Ziel verfolgen. Das mag zwar im Grundsatz richtig sein, zeigt aber auch die Überforderung der Verwaltung, diese Mammutaufgabe zu meistern. Es müsste zumindest klare Zielwerte in den verschiedenen Bereichen wie Energie, Verkehr, Bauen, Heizen und zugehörige Maßnahmen geben. Das ist nicht der Fall und Münster wird mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit das selbstgesteckte Ziel nicht erreichen können. Dieses abzusehende Scheitern der Stadt an der größten Aufgabe dieser Zeit ist so dramatisch wie auch aufgrund der Dimension der Aufgabe verständlich und führt zu grotesk anmutenden Sitzungssituationen, in denen dieses Thema mit weniger Emotion diskutiert wird als die Frage, wann wieder alle Brunnen und Wasserspiele in Münster betrieben werden können.

 

Ökologie

 

Nach wie vor wird in Münster wie auch anderswo im Wachstum das Heil gesehen. Münster soll wachsen, ohne Wachstum werden sich Armut und Elend in der Stadt ausbreiten. Wir sind die einzige Partei im Rat, die diesen Wachstumswahn anprangert und versucht, zumindest ein Wachstum der Stadt in der Fläche zu verhindern und möglichst nur in der Verdichtung zu ermöglichen. Mit diesem Ansinnen waren wir leider auch in diesem Jahr recht erfolglos – eine Vielzahl von Bauprojekten und Baugebieten wird mit Zustimmung der Grünen sogar in schützenwerte Grünflächen der Stadt eingreifen. Einen Erfolg konnten wir allerdings für die Baugebietsplanung erzielen. Ein Richtwert für eine hohe Siedlungsdichte (Anzahl Einwohner je Fläche) wird in Zukunft verbindlich mit in die Planung aufgenommen. Die Baumschutzsatzung wurde 2023 entwickelt und verabschiedet. Wir haben als einzige politische Partei zusammen mit Umweltverbänden die Chance wahrgenommen, die Satzung in zwei Workshops mit Eingaben aktiv zu gestalten – das entspricht unserer allgemeinen Wahrnehmung. Abstrakt sind alle Parteien im Rat Umweltschutzparteien, aber wenn es um aktive Gestaltung und um unangenehme Entscheidungen für die Umwelt geht, stehen wir alleine da, bzw. können nur den Finger in die blutenden Wunden der Grünen legen, die - in der Koalition gefangen - viele Entscheidungen treffen, hinter denen sie (angeblich) nicht stehen.

 

Verkehr

 

Ein wichtiger Teil unserer Arbeit ist die Verkehrspolitik. Die Verkehrswende steht immer noch aus oder wird in Zeitlupentempo umgesetzt. Hier nehmen wir zwar wahr, dass zumindest Teile der Koalition einen Politikwechsel wollen, aber in der Umsetzung zeigt sich dann doch Ängstlichkeit und die Besorgnis, Wählerstimmen zu verlieren, wenn man wirksame Maßnahmen vorschlägt.

Beispielhaft kann hier die Diskussion um das Bewohnerparken erwähnt werden. Es ging dabei um die Frage, wieviel ein Bewohnerparkausweis, der das Recht gibt, innerhalb der ausgewiesenen Parkzonen zu parken, jährlich kosten soll. Die alte Regelung sah unglaubliche 17 € vor. In langen Diskussionen mit der Koalition (die auf unsere Stimmen angewiesen war) war praktisch kein Entgegenkommen erkennbar. Wir konnten immerhin durchsetzen, dass eine Überprüfung der neuen Gebührenhöhe von 260 € vereinbart wurde. Die Angst in der Koalition, dass man von Autofahrer:innen in Zukunft nicht mehr gewählt wird, war mit Händen zu greifen. So wurde dann im Herbst in der „zweiten Runde“ (nachdem das Bundesverwaltungsgericht die erste Regelung kassiert hatte) der Gebührensatz sogar noch von 320 auf 260 € reduziert. Wir waren leider in der Zwickmühle, dass es entweder eine Einigung auf die 260 € gibt oder die Koalition mit der CDU einen deutlich niedrigeren Satz (100 €) durchsetzt, wozu die Koalition durchaus bereit war…

Auch bei der Frage, wie die Verkehrslösung für die Ortsteile Sudmühle und Mariendorf sein soll, wenn die Bahn ab 2030 die beiden Bahnübergänge dort schließen wird, setzte sich die „Autofahrerfraktion“ ganz klar durch: statt eine „kleine Lösung“ mit optimaler Ausgestaltung für Fahrräder und Zufußgehende zu präferieren(das war unser Vorschlag), stimmt die Koalition mit CDU und FDP für die „große Lösung“(im 70er-Jahre-Stil soll ein Wald gerodet werden und durch eine großzügige Brückenlösung weitere Flächenversiegelung erfolgen). Ob wir mit solchen Planungen für zukünftige Verkehrsflüsse Münster zukunftssicher gestalten können? Es braucht wohl doch noch die ÖDP:)

 

Kultur

 

Der Musik-Campus dominierte das Thema Kultur in 2023. Wir waren schon 2022 gegen das Projekt und haben uns auch in 2023 dagegen stark gemacht. Oberbürgermeister und Uni-Rektor wollen sich hier ein Denkmal setzen, das Unsummen verschlingen würde. Wir sind für einen Zweckbau sowohl für die Musikhochschule (Landesangelegenheit) als auch für die Westfälische Schule für Musik (Zuständigkeit der Stadt). Gegen einen Konzertsaal sind wir grundsätzlich und noch grundsätzlicher gegen den Standort am Apothekergarten – dies ist ein ökologisches Kleinod mitten im Herzen Münsters.

Wir sind der Meinung, dass Kultur nicht durch millionenschwere Bauprojekte gefördert wird. Kultur findet durch Menschen statt, die keine Luxus-Räume brauchen, sondern zuverlässige Förderung und

Anerkennung. Fassungslos sind wir daher zu den Entwicklungen am Gasometer. Die Kulturinitiative Sozialpalast wird einem Investor dort bald weichen müssen. Der letzte OB-Kandidat der SPD bezeichnet die Menschen, die dort ehrenamtlich Kultur schaffen sogar in der RUMS als Hausbesetzer.

Positive Nachrichten gibt es von der B-Side am Hafen. Dort geht das soziokulturelle Zentrum nach zehn Jahren Vorlaufzeit in 2024 endlich an den Start. Wie schon in den letzten Jahren haben wir uns in den Haushaltsverhandlungen stark für dieses Projekt eingesetzt – und waren wieder erfolgreich: die Aktiven dort können für die nächsten drei Jahre mit einer guten finanziellen Unterstützung durch den städtischen Haushalt rechnen.

Beim Hansaforum, das wir als Münsters Demokratiewerkstatt immer gefördert haben, konnten wir leider nur die Förderung für ein Jahr durchsetzen. Im kommenden Jahr müssen wir schauen, wie die Kompetenzen dort über 2024 hinaus in der Stadtgesellschaft eingebracht werden können.

Diese Projekte können wir nur gegen starke Widerstände voranbringen, was uns zu der Frage führt, ob die anderen Parteien in Münster tatsächlich nur die so genannte „Hochkultur“ fördern wollen? Sind die Unterstützer:innen des Musikcampus vielleicht doch nicht die eigentlichen „Kulturversteher“ in Münster?

 

Interkulturelles Leben

 

In unserer Fraktion haben wir uns intensiv mit dem Thema der Interkulturellen Öffnung der Verwaltung beschäftigt. Es geht dabei um die Frage, wie es uns gelingen kann, Menschen mit Migrationsvorgeschichte für die Arbeit in der Stadtverwaltung zu gewinnen, um deren biographische Erfahrungen und sozialen Kompetenzen in das Handeln der Stadt einzubringen. Nachdem wir bereits Ende 2021 einen entsprechenden Antrag auf den Weg bringen konnten. Haben wir im Sommer – dieses Mal mit Unterstützung der Grünen – ein umfangreiches Programm beschlossen, mit dem die Verwaltung zum einen attraktiver für die Zielgruppe werden soll und zum anderen proaktiv auf diese Zielgruppe zugehen soll. Wir werden die Umsetzung gewohnt kritisch verfolgen. Es bleibt noch viel zu tun.

Michael Krapp

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