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Das Kramermahl – eine schöne Tradition aber auch irritierend unzeitgemäß

Münster brauch vieles, aber nicht mehr Gewerbeflächen

Bild: Joachim Busch

Am Freitag fand das traditionelle Kramermahl im Rathaus zu Münster statt. Etwa 300 geladene Gäste trafen sich zum traditionellen Grünkohl-Essen und redeten über die Zukunft der Stadt. Es waren neben den Kaufleuten Gäste aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, die sich um Münster verdient gemacht haben. Wie das Pressefoto zeigt, sind dies vor allem wohlhabende Männer deutscher Herkunft im fortgeschrittenen Lebensalter, die sich da Mettwurst essend im Smoking Gedanken über die Probleme unserer Stadt machen.

Stimmen die Berichte der Westfälischen Nachrichten, dann braucht die Münsteraner Wirtschaft aus Sicht von Dr. Hüffer, Vereinsvorsitzender der Kaufmannschaft, nur drei Dinge:

1. Entbürokratisierung

2. mehr Wohnflächen

3. mehr Gewerbeflächen

Aufgrund der Konzeption und der Tradition der Veranstaltung kann man vom Kramermahl sicherlich keinen Think Tank mit visionären Anstößen zur Zukunftsgestaltung erwarten. Es ist sicherlich zu Recht ein Ort, sich gegenseitig Lob und Anerkennung für Leistungen zum Wohle der Stadt auszusprechen. Dieses Rezept für die Zukunft Münsters ist aber erschreckend banal, altbacken und visionslos.

Wir leben in einer Zeit des globalen Turbokapitalismus, in dem die Mehrheit der wachsenden Weltbevölkerung verarmt, während Reichtum und Wohlstand sich auf immer weniger Menschen verteilt. Die Superreichen unter ihnen ernten die Früchte eines Wirtschaftssystems, das Menschen unter prekären Arbeitsbedingungen ausbeutet und die Natur mit einem exzessiven Verbrauch von Energie und Ressourcen zerstört. Naturkatastrophen reihen sich aneinander, Armut, Flucht, Unruhen und Kriege sind die Folge. Für die Zukunft – auch in Münster – brauchen wir daher visionäre Menschen, die Lösungen erarbeiten, wie wir mit weniger Energie und Ressourcen das Gleiche erreichen können, die uns zeigen, wie wir Altes umgestalten und neu wiederverwenden können, wie wir mit sehr viel weniger alle gut leben können. Wir brauchen eine Revolution im Denken: weniger Verbrauch ist mehr Zukunft!

Dr. Hüffers Forderung „Gibt uns Gewerbeflächen und Infrastruktur, und gängelt uns nicht mit Regeln und Vorschriften, dann werden wir es schon rocken“ ist genau das Gegenteil dieses Umdenkens. Es ist das klassische „Weiter-So-Muster“. Münster braucht ein regenerativ gespeistes Fernwärmenetz, Solaranlagen auf jedem Haus, Geothermie, eine gute Radinfrastruktur, genügend BusfahrerInnen, WissenschaftlerInnen und ErzieherInnen, Kitaplätze, Sozialwohnungen, Menschen aus allen Ländern, eine offene und globale Gesellschaft mit verbindlichen gemeinsamen Werten…Münster braucht so viel, aber sicherlich nicht mehr Gewerbeflächen.

Gut, dass die Zukunft nicht nur durch alte Männer beim Grünkohlessen gestaltet wird.

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